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Jahresrückblick 2005
In diesem Jahr fehlt mir leider die Zeit, einen persönlichen Jahresrückblick
zu schreiben. Seit Erik´s viertem Geburtstag wissen wir, dass er an einer
sehr selten Knochenmarkserkrankung leidet.
Nach vielen Knochenmarkspunktionen
und Gesprächen mit den verschiedenen Ärzten stand schon bald fest, dass Erik
eine Knochenmarkstransplantation braucht. Diese sollte so schnell wie möglich
stattfinden, da es ansonsten keine Therapiemöglichkeiten gibt.
Es stellte sich zum Glück heraus, dass sein großer Bruder Ole als Spender in
Frage kommt. Anfangs verbrachten wir immer wieder Tage in Bonn, in der
hämatologischen Ambulanz und warteten auf unsere Blutkonserven. Auch die
Kinderkrebsstation haben wir kennen gelernt. Entgegen meiner Vorurteile
geht es dort nicht leise und beschaulich zu. In dem Spielzimmer wird jeden
Tag gespielt und gebastelt und dank einer Küchenfee finden dort auch die
gemeinsamen Mahlzeiten statt. Durch die Gespräche mit betroffenen Eltern
fühlten wir uns nicht so allein gelassen. Viele medizinische Themen werden
von den Eltern mit großer Gelassenheit diskutiert.
Seit dem 14.11.05 sind wir jetzt in Essen in Behandlung. Nach zwei Wochen
der Vorbereitung, dem Legen des Hickmann-Katheters, begann für Erik die
schwere Zeit der Stammzelltransplantation in Essen. Er verbringt dort die
Zeit in einer 6qm großen Box mit Laminar-Air-Flow unter annähernd sterilen
Bedingungen. Er bekam eine Woche lang eine intensive Chemo, um sein eigenes
Knochenmark abzutöten. Am 12.12. bekam er dann die neuen Stammzellen, die
vorher Ole entnommen wurden.
John und ich sind abwechselnd in Essen und verbringen unsere Nächte im
dortigen Elternhaus. Hier zu Hause kümmert sich eine Haushaltshilfe um
den Haushalt und die Kinder.
Kurz vor der Behandlung haben wir Erik noch taufen lassen. Damit
wollten wir eigentlich noch warten, bis Ole als Taufpate gefirmt ist, aber
wegen des unsicheren Ausgangs haben wir die Taufe noch im Oktober abhalten
können. Es waren nur die Taufpaten und Großeltern geladen. Der Kindergarten
hat die Feier mitgestaltet und es war eine bewegende Feier mit sehr persönlichen
Fürbitten und Gebeten. Erik hat jeden Moment genossen und die vielen Geschenke
haben wir für die Zeit
der KMT gut gebrauchen können. Hier musste alles neu und original verpackt sein,
sonst durfte es nicht in sein Zimmer oder musste sterilisiert werden.
Kurz vor Heiligabend wurde Erik auf die Kinderintensivstation verlegt. Er hatte
Probleme mit der Leber (VOD) und eine Lungenentzündung. Er bekam verschiedene
Antibiotika und Antimykotika und musste über eine Druckmaske beatmet werden.
Es ging ihm jeden Tag schlechter und plötzlich hatte er auch keine Leukozyten
mehr, die gerade begonnen hatten, zu wachsen. Es war von einer erneuten
Stammzellspende die Rede und wir Eltern sollten zur Stabilisierung Granulozyten
spenden. Zum Glück waren John und ich beide in Essen, während die Geschwister
bei meinen Eltern untergebracht waren. Silvester kamen die Geschwister nach
Essen und konnten Erik auf der Intensivstation besuchen. Sie waren alle bestürzt
über seinen kritischen Zustand. Erik bekam jetzt ein neues Medikament (Neupogen)
um das Knochenmark zu aktivieren. Nach Neujahr ging es dann endlich wieder
aufwärts, die Leukozyten steigen und die Lungenentzündung verheilt. Er bekommt
ohne Maske wieder Luft und auch die Leber erholt sich langsam. Erik darf jetzt
bis Montag nur Joghurt essen und dann wieder richtige Kost.
Mir ist es besonders schwer gefallen, Erik vom Kindergarten abzumelden. Dank der
einsichtigen Ärzte durfte er bis zum 14.11. in den Kindergarten und wir haben
versucht, unseren Alltag trotz der vielen Besuch im Krankenhaus normal zu gestalten.
Niels musste in die Ganztagsbetreuung der Schule wechseln und sich dann mit der
Haushaltshilfe arrangieren.
Für Ole hat sich die Situation als Spender als besonders belastend erwiesen.
Er war unheimlich stolz über seine Aufgabe und hat alles klaglos über sich
ergehen lassen. Als es dann bei Erik zu der Krise kam, hat es ihn besonders getroffen.
Leider stehen noch einige Hürden vor uns. Es können jederzeit Abstoßungsreaktionen
auftreten und auch ein Rezidiv ist möglich. Zudem sind bestimmte Keime für Erik
nach wie vor ein Risiko.
Gestärkt hat uns die Unterstützung unsere Familien, Freunde und Arbeitskollegen.
Auch die Mitarbeiter im Elternhaus haben uns immer wieder neue Kraft gegeben.
Viele haben für Erik kleine Geschenke gebracht, da er ja nicht besucht werden kann.
Meine Schwestern haben mich in Essen besucht und abends vom Krankenhausalltag
abgelenkt. Meine Eltern haben die Kinder über Weihnachten aufgenommen und beschäftigt.
Einige Freunde haben per email oder Telefon Trost gespendet. Johns Brüder sind aus
Dänemark 'vorbei' gekommen, er bekommt von seinen Arbeitskollegen Unterstützung in
Gesprächen oder konkreten Arbeitsentlastungen.
Erst jetzt weiß ich, wie sehr Familien mit schwerkranken Kindern auf diese Gespräche
angewiesen sind. Viele Eltern sind traurig über Freunde und Bekannte, die plötzlich
den Kontakt abbrechen oder es nicht wagen, über die Erkrankung zu sprechen.
Erstaunlicherweise finden sich dann im Bekanntenkreis Menschen, die ähnliches
erlebt haben und zu denen nun ein ganz neuer und intensiver Kontakt entsteht.
Leider wird im Krankenhaus selten über die Trauer und das Leid gesprochen. Einige
Bekannte haben uns auch alternative Heilmethoden empfohlen, statt sich mit dem Leid
und dem Sterben auseinander zu setzen oder das persönliche Gespräch zu suchen.
Gemeinsam Leid ertragen hat für uns eine besondere Bedeutung bekommen. Trotz aller
Wunderheiler, Bachblüten und Homöopathie sterben täglich Kinder und Erwachsene an
Krebs.
Wir hoffen jetzt bei Erik auf eine neue Normalität (nein, es gibt nicht jeden Tag ein
Geschenk und wir machen den Fernseher aus, wenn die nette Krankengymnastin kommt).
Erik braucht viel Kraft, um neuen Lebensmut zu schöpfen. Auch nach seiner Entlassung
darf er noch eine lange Zeit nicht wieder in den Kindergarten und es wird für ihn
viele neue Regeln für das Leben zu Hause geben. Wir werden als Familie unser Bestes
geben und jeden Tag neu darum kämpfen.
In den Links auf unserer Homepage haben wir einige Bilder aus der Zeit bis Weihnachten
zusammen gestellt. Auf Bilder aus der Intensivstation verzichten wir. Aktuelle Bilder
kommen nach und nach.
Wir wünschen Allen etwas verspätet ein glückliches neues Jahr,
Familie Bergenholtz
Links:
Elternhaus Essen
Was ist MDS?
Ambulanz in Bonn
Deutsche Knochenmarkspenderdatei
Stiftung Deutsche KinderKrebshilfe